ICH KANN NICHT SEIN OHNE...

Carla Haas, 2007

Ich kann nicht schreiben ohne Ruhe. Die Ruhe ist nicht an bestimmte konkrete Dinge oder Orte gebunden. Ich kann auf Reisen ebenso gut schreiben als zu Hause, in einem Café unter Leuten ebenso gut als an meinem Schreibtisch mit Blick auf den Garten. Ich liebe es, im Zug die Landschaft an mir vorbeiziehen zu sehen und Notizen zu machen, mag es aber auch, früh aufzustehen, mich mit einem Kaffee an meinen Schreibtisch zu setzen und bis in den Morgen hineinzuschreiben, dann den Tag auf diesem Schreibgrund weiterzuführen, oder nach einem bewegten Tag nach Hause zu kommen und zu schreiben, bis ich ins Bett falle. Die Ruhe, die ich zum Schreiben brauche, ist eine innere und hängt vom Ordnungsgrad meines Lebens ab, oder genauer gesagt, von der Stärke der Anregungen aus dem Leben und von meiner Fähigkeit, sie während des Schreibens zu verdauen oder solange zur Seite zu schieben, bis ich nicht mehr schreibe. Schreiben ist für mich eine innere Auszeit, in der die Zeit nichtig wird, eine Nichtzeit, in der ich vollständig aufblühe.

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